Im Kampf gegen die CO-Giftgaspipeline wird von politischer Seite immer wieder die grundlegende Bedeutung des Chemiestandortes NRW ins Spiel gebracht. Interessant in diesem Zusammenhang ist da ein kleiner Artikel von Klaus Kühn in einer Verlagsbeilage der FAZ (1.7.08, Nr. 151, S. B4). Hier kommuniziert das Vorstandmitglied der Bayer AG den "grundlegenden" Umbau des Unternehmens seit 2002. So wurden beispielsweise die "reifen Chemie- und Polymeraktivitäten unter dem Dach der Lanxess AG abgespalten".
Da sollten auch Politiker und gerne auch die Gewerkschafter von der IGBCE mal genauer hinhören, denn "reife Märkte" stehen nicht für neue Arbeitsplätze oder sprudelnde Steuereinnahmen und was sonst noch für Wünschewecker immer wieder kolportiert werden mögen.
Aus Sicht des Eigentümers (hier Bayer AG und seine Aktionäre) stehen "reife Märkte" für Stagnation im Absatz, maue, tendenziell sinkende Rendite, fehlende Innovationen. Die Grenzen sind erreicht, selbst die ggf. vorhandene Konkurrenz macht sich unangenehm bemerkbar.
Wie geht man unternehmerisch damit um? Die Lösung der Bayer AG wurde schon genannt: abspalten.
Die abgespaltenen Bereiche werden in Folge einer Spezialbehandlung unterzogen: alles und jede/r kommt auf den Prüfstand und wird auf seine Rentabilität hin untersucht. Ist er, sie, es zu klein, raus damit... Die Produktion wird nach dem Wirtschaftlichkeitsprinzip auf das Nötigste verschlankt. Im Falle des reifen Marktes gilt es demnach eine gegebene Produktion mit dem minimalsten Aufwand zu bewerkstelligen.
Vor allem bei großen Industrien wie der Chemie heißt das immer sofort auch: Arbeitskräfte werden freigesetzt. Und wenn dann erst Prozessabläufe optimiert und automatisiert werden können, werden noch mehr Arbeitskräfte freigesetzt.
Es zeugt von einer erstklassige Lobbyarbeit von Bayer und seiner Hausgewerkschaft IGBCE, die Politik so vom Gegenteil der eigentlichen Ziele zu überzeugen, dass die Abgeordneten des Düsseldorfer Landtages bereit waren, die fundamentalen Grundrechte ihrer Bürger zu beschneiden und ein "Enteignungsgesetz" für die Optimierung eines solchen Prozessablaufes zu verabschieden.
Denn was ist eine CO-Giftgaspipeline anderes als eine besonders renditepotente Prozessoptimierung in einem "reifen Markt"?
Ist die Braut dann hinlänglich geschmückt, verkauft man gerne an die Konkurrenz, die in der Zusammenlegung der Aktivitäten weitere "Synergieeffekte" zu erzielen hoffen, sprich: jetzt ist die Verwaltung und der Vertrieb drann, noch mehr Arbeitsplätze werden überflüssig.
Und so wird es enden: die CO-Giftgaspipeline wird die gegenwärtige CO-Produktion vor Ort in Uerdingen ersetzten, die "frei" werdenden Arbeitskräfte werden zunächst innerhalb des Unternehmens - natürlich öffentlichkeitswirksam - weiterbeschäftigt, um dann stickum nach und nach doch gefeuert zu werden. Die Chemiesparte wird, falls sich ein Käufer findet (gerne auch "Heuschrecke"), verscherbelt... das übliche Verfahren eben.
Die Politiker aller Parteien im NRW Landtag sollten sich noch einmal genau überlegen, ob Sie Bayer bei diesem "Spielchen" weiter tatkräftig unterstützen wollen, ob sie einen derartigen Missbrauch des Souveräns und damit die nachhaltige Schwächung der Demokratie weiter hinnehmen möchten, oder ob sie letzlich zu schwach sind, einen einmal gemachten schweren Fehler zu revidieren.
Steht auf wenn ihr keine BayerAGIGBCEler seid!!!