Montag, 30. Juni 2008

Kronzeuge gegen die Giftgaspipeline

Peer Steinbrück bestätigt, als Amtsvorgänger des jetzigen Ministerpräsident des Landes NRW, das Raumordnungsverfahren angestoßen zu haben, in dessen Folge wir heute mit dem Problem einer CO-Giftgaspipeline im Rheinland zu kämpfen haben.

Allerdings, und das ist wohl der springende Punkt, ging es seinerzeit "schwerpunktmäßig um Propylen- und Erdgastransporte", zitiert die Rheinische Post den ehemaligen Ministerpräsidenten auf der Titelseite ihrer Ausgabe vom 27.6.2008. Mit anderen Worten: die CO-Giftgaspipeline kam eher "trittbrettfahrermäßig" dazu, nicht weiter kritisch begutachtet, sondern einfach mit "eingebündelt" in etwas größeres, wichtigeres, dem Allgemeinwohl geschuldetes eben - ohne selbst im Geringsten dem Allgemeinwohl zu dienen. Denn nicht etwa das Allgemeinwohl bestimmt den Sinn der CO-Giftgaspipeline sondern ausschließlich die Rendite, ein ganz normales Unternehmensziel, wie es sich für eine Aktiengesellschaft, die der Bayer-Konzern nun einmal darstellt, eben gehört.

Vor diesem Hintergrund würde das sog. "Enteignungsgesetz" zumindest etwas verständlicher: offensichtlich bezog sich das ursprüngliche gesetzgeberische Sinnen und Trachten und die sich daran anschließende Planung und Umsetzung ausschließlich auf die langfristige Sicherung der Energieversorgung unseres Landes.

Doch offenbar bemerkte niemand, dass sich die Geschäftsgrundlage dieses Pipelinebündels schon im Vorfeld gesetzgeberisch erforderlicher Enteignungsaktionen fundamental änderte. Spätestens als von dem Pipelinebündel nur noch die CO-Giftgaspipeline übrig blieb, ging dem Projekt die Legitimation verloren.

Was folgte, ist eine Reihung von Politik- und Verwaltungsversagen. Denn trotz der totalen Umkehrung der Grundlagen, auf denen die politische Entscheidung zunächst für ein Projekt zur Energiesicherung des Landes fiel, wurde das Projekt unter der Federführung der Bezirksregierung Düsseldorf unverdrossen weiterbetrieben. Ausgerechnet die neue CDU/FDP Landesregierung besorgte dann auch noch das offenbar als notwendig erachtete "Enteignunggsgesetz" im Parlament.

Für die CO-Giftgaspipeline eine komfortable Situation: sie erbte gewissermaßen alle Eigenschaften des ursprünglichen Leitungsbündels und wurde so unvermittelt gemeinnützig - zum Wohle der Allgemeinheit, um zukünftig den Menschen entlang der Trasse ein Leben in Angst und Schrecken aufzunötigen.

Immerhin können die Menschen zwischen Dormagen und Uerdingen jetzt mit ihrem ehemaligen Ministerpräsidenten Peer Steinbrück einen wichtigen Kronzeugen benennen: es war niemals politischer Wille, eine CO-Giftgaspipeline zum "Wohl der Allgemeinheit" zu fordern, zu planen oder zu bauen, wie es im "Enteignungsgesetz" der jetzigen Regierung "Rüttgers" manifestiert wurde und in einer großen Koalition aus CDU/FDP/SPD bis heute verteidigt wird.