Sind Standortdrohungen wie die des Bayer Konzerns – hier: ohne CO-Giftgaspipeline sei der Standort gefährdet - eigentlich ernst zu nehmen? Oder: könnte Bayer, CO-Giftgaspipeline hin oder her, einfach hier in NRW dicht machen, um im Ausland rentabler weiterzumachen? Nehmen wir nur mal den uns interessierenden Bereich "Bayer Material Science" (BMS):
Wohin sollten sie abwandern? Etwa hinter Nokia herlaufen, die mit ihrer ehemaligen Handyzusammenbauproduktion von Bochum nach Rumänien abgehauen sind?
Der aktuelle Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften, Paul Krugman, hat sich, wofür er dann auch diese Auszeichnung bekam, intensiv mit der Frage beschäftigt, warum Unternehmen gerade genau dort ansässig sind wo wir sie heute vorfinden. Also warum ist Bayer heute hier in NRW so weit und breit angesiedelt?
Ganz theoretisch kann sich ein Unternehmen wie Bayer natürlich sonst wo niederlassen: wo es dem Chef/ Vorstand gut gefällt oder wo die Bodenpreise besonders günstig sind, keine Steuern anfallen, die Subventionen besonders üppig fließen (s. Nokia) oder die Bevölkerung z.B. ganz jeck auf CO-Giftgaspipelines ist...
Aber die Sache muss letztendlich rentabel sein. Industrielandschaften wie NRW haben die tolle Eigenschaft, diese Rentabilität quasi frei Haus zu liefern.
Solche Kraftzentren kann man sogar vom Weltraum aus sehen: Krugman empfiehl, sich mal Nachtaufnahmen von Satelliten anzuschauen. Da sieht man sie leuchten...
BMS kann nicht à la Nokia schnell mal über die „Dörfer“ ziehen und Subventionen abziehen, sondern muss sein Kunststoffgranulat dort produzieren, wo die Märkte für solche Produkte sind. In unserem Fall mittendrin in NRW.
NRW ist eben bestens positioniert: mit seinem Bruttoinlandsprodukt von 500 Mrd. EURO läge es als eigenständiger Staat auf Platz 16 der Weltrangliste. Hier sind die Wege zu den Zulieferern und Kunden kurz und prima ausgebaut, das erspart Transportkosten. Hier finden sich ausgebildete Fachleute in ausreichender Zahl, das minimiert Produktionsausfälle. Hier gibt es Schulen und Hochschulen, ein lebendiges Kulturleben, Freizeitangebote, sonstige moderne Infrastruktur, innere und äußere Sicherheit nicht zu vergessen. Und nicht zuletzt: hier findet auch der Bayervorstand einen attraktiven Lebensraum, in dem seine Familien gut und gerne leben.
Die Kunststoffsparte des Bayer Konzern profitiert also ganz nachhaltig vom Wirtschaftsraum NRW. Wie bereits gezeigt wird die gesamte Produktion auch im Inland verbraucht ->. Eine Verlagerung der Produktion in ein „besseres“ Ausland würde Millionen kosten und das jetzige Quasimonopol sofort beenden. Der bisherige Standortvorteil, mitten im Kreise seiner Kunden produzieren zu können, wäre erledigt. BMS auch!
Und die Konkurrenz schaut dabei untätig zu? DOW, Sabic... ob die sich die Chance den BMS Kunststoffmarkt in NRW zu übernehmen entgehen ließen? Eine CO-Giftgaspipeline braucht deren Kunststoffrezeptur jedenfalls nicht... und ein netter Platz für eine moderne Produktion ist sicher kein Problem. Willkommen in NRW!