Mittwoch, 14. Mai 2008

Gutachten über gefährliche Versager

Tagtäglich in den dt. Medien: der Chef von BASF jammert in einem Interview über die mangelnde Akzeptanz der Gentechnologie, die Chefs der Strommonopolisten klagen über ein Volk das gegen Kohlekraftwerke auf die Straße geht und ihre "schönen" Kernkraftwerke nicht mag, und Bayer bekanntlich sieht den Chemiestandort NRW gefährdet, wenn eine CO Giftgaspipeline nicht gebaut wird.

Politiker, wie die Landesregierung in Düsseldorf, schließen sich solchem Gejammer allzu gerne an, wollen sie sich doch nicht am tagtäglich gepredigten Untergang des Abendlandes schuldig machen.

Doch nach der Vorstellung des "Veenker"-Gutachtens zur CO Giftgaspipeline am Dienstag in Duisburg stehen solche "Helden" aus Wirtschaft und Politik nicht nur ohne Kleider dar, sondern als gefährliche Versager, die, wie sie ihre Visionen und Großprojekte voranzutreiben suchen, unser demokratisches Gemeinwesen an die Wand fahren.

In NRW geht das so:

1. Bayer "braucht" eine CO Giftgaspipeline zur "Sicherung" des Chemiestandortes NRW

2. Die Politik sieht das auch gleich ein und verfügt ein Enteignungsgesetz (einzigartig in der Geschichte des Landes), um die Trasse ohne Lamento und für kleines Geld kurzfristig freiräumen zu können.

3. Die Verwaltung übernimmt, hier die Bezirksregierung Düsseldorf, und bestimmt die Trassenführung: 70 km rechtsrheinisch durch dicht besiedelte Wohngebiete, statt 30 km linksrheinisch übers Feld (was hätte das, bei gleicher Investitionssumme wie jetzt, für eine Leitung werden können...).

4. Die Planfeststellung läuft an.

5. Die Bürger, wenn sie denn direkt von geplanten Enteignungen betroffen sind, werden informiert. Sie können eigentlich nichts mehr machen (nur einer kleinen einflußreichen Siedlung soll es gelungen sein, die Pipelinetrasse aus ihren Vorgärten in ein nahes Waldgebiet zu verbannen).

6. Die ersten Bürger wehren sich gegen die drohende Enteignung und fangen an kritische Fragen zu stellen.

7. Bayer macht "Öffentlichkeitsarbeit" und erklärt wie sicher die Giftgasleitung ist: mit bunten Broschüren, mit Events bei denen der verunsicherte Bürger mal mit dem Hammer auf ein Stück Rohr schlagen darf... Absurdistan in Potenz eben.

8. Die Landesregierung kommt Bayer zu Hilfe und fordert die Verwaltung auf, Bayer in der "Öffentlichkeitsarbeit" zu unterstützen (Bezirksregierung und Öffentlichkeitsarbeit??? Eine Bezirksregierung wird von niemandem gewählt, das ist Exekutive pur, wie Polizei und Militär!!!).

9. Die Bürger machen sich selbst sachkundig und hegen immer größere Zweifel an a) der Sicherheit und b) der Notwendigkeit dieses Projektes.

10. Es geht vor die Gerichte.

11. Immer noch: Bayer, Landesregierung und deren Exekutivgewalt "Bezirksregierung" sehen die Sicherheit der Pipeline - egal was kommt - bestätigt.

Und dann gestern in Duisburg das "Veenker" Gutachten (dankenswerterweise von der Stadt Duisburg in Auftrag gegeben, um ihre Bürger im ungleichen Kampf gegen Regierungs- und Behördenwillkür - so muss man das wohl nennen - zu
unterstützen):

die Pipeline ist, so wie sie planfestgestellt wurde, NACH DEM STAND DER TECHNIK NICHT SICHER!

Und warum nicht? Weil Bayer, um evtl. ein paar tausend EURO zu sparen, nur ein einfaches Geotextil über der Leitung verlegen ließ, dass für den Schutz der Leitung vor Baggerzugriffen "nicht geeignet" ist, wie ein TÜV Gutachten, das bereits bei der Planfeststellung vorgelegen haben soll, bestätigt.

Sie haben es gewusst, aber es war mal wieder egal... wie auch schon die Trassenführung (70 statt 30km, durch Wohngebiete statt übers freie Feld, im zickzack statt im geraden Verlauf zwischen Dormagen und Krefeld...) oder die Bauausführung und Bauaufsicht...( abgesoffene Gräben, seit Monaten offen liegende und offene Rohre, die vor sich hinrosten und mit Dreck vollaufen... gegen die expliziten Auflagen der Planfeststellung).

Die Wennings von Bayer, BASF, RWE oder Vattenfall,... Landespolitiker oder ihre ohne demokratische Legitimation agierenden Regierungspräsidenten meinen wohl wieder, sie könnten die Bürger an der Nase führen. Was haben die für ein Bild vom Bürger: dumm, haben keine Ahnung, brauchen Führer die "wissen wo's lang geht" – keiner hat was gewusst wie 33-45? Für uns ist das Nazidenke!!!

Wenn ihr euch da mal nicht vertut, denn der Sachverstand in euren Forschungslabors, Vorstandsetagen, Verwaltungen usw. sitzt im Zweifel längst schon in der nächsten Bürgerinitiative um die Ecke! Der gebildete, demokratisch eingestellte Bürger will und muss - gerade was industrielle Großprojekte angeht, die seinen "Lebensraum" tangieren - mitreden, ja sogar mitplanen dürfen.

Das ist in euren Vorstandsetagen noch nicht angekommen. Dieser teure Realitätsverlust führt zu den aktuellen Versagern bei der Durchführung wichtiger Großprojekte. Wir leben in einer Demokratie! Wir wollen und wir werden als Bürger dieses Landes das gleiche Mitspracherecht einfordern, wie es die Unternehmen gegenüber der Politik seit jeher pflegen. Wir sind die Lobby "Bürger". Es geht um unseren Lebensraum, um unsere Zukunft, um unser Leben. Da haben wir ein Wörtchen mitzureden. Wir wissen: Unternehmen hauen im Zweifel ab, machen hier dicht, um heute nach Rumänien oder morgen in den Dschungel 'rüber zu machen. Wir sind immer noch hier, auf euch ist hingegen nur noch sehr eingeschränkt Verlass.

Warum werden bei den hier diskutierten Projekten nicht zuerst die Bürger informiert, nicht durch die Verwaltung oder Politik, sondern durch die Unternehmen selbst? Warum werden keine Alternativen diskutiert: CO Produktion vor Ort? Warum wird die Trasse nicht demokratisch geplant, unterliegt die Trassenführung keiner demokratischen Legitimationspflicht? Die Politik stimmt einer Pipeline zu, aber wo die Trasse verläuft bestimmt allein die ausführende Behörde? Warum Enteignung ausgerechnet in einer Marktwirtschaft? Warum soll ein Global Player wie Bayer keine Marktpreise für die erforderlichen Rechte und Sicherheiten zahlen, um eine CO-Giftgasleitung betreiben zu können: für Grundstücke, für Sicherheit, auch für die in ihrer Sicherheit tangierten Bürger entlang der Trasse... ihre Wertverluste an Haus und Grund...? Gehören solche Kosten nicht in die Kostenrechnung eines jeden Investors?

Oder bei all den anderen Wennings: Warum nicht erst einmal mit den betroffenen Bürgern sprechen? Würdet Ihr nicht auch mitsprechen wollen, wenn in Eurem Umfeld, in Eurem persönlichen Lebensraum derartige Industrieprojekte geplant wären: eine Pipeline im Vorgarten, eine Autobahn in Hörweite, eine neue Einflugschneise über Eurem "kleinen" Häuschen? Warum Kohle- und nicht Gaskraftwerk? Warum soll Gentechnik gut sein wenn gleichzeitig die Bienenvölker massenhaft wegsterben, vielleicht sogar vergiftet durch Pestizide aus euren Labors? Ihr habt im Zweifel immer getrickst, gelogen, geschmiert (vgl. Siemens).

Wenn es nicht so wäre und wenn schon CO Pipeline: warum hat sich Bayer nicht mit der Bezirksregierung "angelegt" als es die katastrophalen Trassenpläne sah? Warum ist Bayer nicht für die Bürger aufgestanden, die jetzt eine CO Giftgaspipeline vor ihrer Haustür aushalten sollen? Was ist mit eurer "Opferbereitschaft"?

Kommunikation mit bunten Heftchen oder dümmlichen Aktionen reicht da kaum.

Der Gutachter in Duisburg, Dr. Veenker, berichtete wohl aus Utopia, als er meinte, dass heutzutage, bei solchen Projekten:

in Phase 1. doch zunächst mit den BürgerInnen/ Bürgerinitiativen gesprochen werden sollte

in Phase 2. die wirklich schützenswerte Natur Berücksichtigung finden müsse

und dann erst in

Phase 3. das planende Unternehmen entscheiden kann, ob es zu diese Kosten in das Projekt einsteigen will.

Das sind keine spinnerten Forderungen übermotivierter Jungaktivisten. Und sie schützen alle Beteiligten. Auch Bayer:

Projekte wie die CO Giftgaspipeline durch die Vorgärten der Rheinländer kämen nicht einmal bis Phase 1. Zu Recht, denn das CO würde immer nur dort produziert wo es auch benötigt wird: vor Ort in Uerdingen.

Und wenn euch das partout nicht passt, ihr Wennings dieser Welt, dann sucht euch doch in drei Teufels Namen einen neuen Planeten.