Dienstag, 7. Juli 2009

You cannot get blood out of a stone

oder kurz die "Bloos-Regel" (vgl. z.B. Hans-Werner Sinn, Kasino Kapitalismus, S. 91 ff). Auf unseren "Fall" übersetzt geht das wie folgt:

wenn der Gesetzgeber der Bayer/ BMS AG die Möglichkeit verschafft, auf Kosten der Bevölkerung höhere Gewinne einzufahren, um den Preis, dass Grundrechte ausgesetzt werden und nicht unerhebliche Betriebsrisiken sozialisiert werden können, entwickelt sich eine fatale Eigendynamik. Denn wenn mögliche Verluste beim Betrieb einer solchen Leitung - Nutzungseinschränkung, Abschreibungen auf Boden- und Immobilienwerte, Krankheit oder gar hundertfacher Tod - allein von der betroffenen Bevölkerung getragen werden müssen, brauchen diese negativen Risiken von Bayer nicht nur nicht berücksichtigt zu werden, sondern es lohnt sich für die Unternehmensleitung das Risiko weiter hoch zu fahren.

Selbst wenn unter diesen Rahmenbedingungen die CO-Giftgasleitung letztlich doch nicht die von Bayer behaupteten Effekte zeitigen würde, hätte es sich immer für das Unternehmen gerechnet, weil die Gewinne an die Aktionäre flössen, Verluste aber - selbst bei einer Havarie - sozialisiert würden.

Können betriebswirtschaftliche Risiken so elegant weggedrückt werden, kann sich die Unternehmensführung ganz ungeniert auf das "Gewinne machen" konzentrieren, vor allem wenn man dort auf weiche Kriterien, wie etwa ethisch/ moralische Gesichtspunkte, keinen Pfifferling gibt.

Dank der parlamentarischen Vorgabe aus Düsseldorf gilt nur die Maxime, die uns in Gestalt des CO-Giftgasleitungsprojektes der Bayer/BMS AG exemplarisch vorgestellt wird: je höher das Risiko, je höher also die möglichen Gewinne aber auch Verluste ausfallen können, desto besser für Bayer, denn etwaige Verluste spielen keine betriebswirtschaftliche Rolle mehr.

Diese "künstliche Risikovorliebe" beschreibt die Bloss-Regel: Bayer ist für Verluste (auch aktuelle) und Risiken beim Betrieb der CO-Giftgaspipeline weitestgehend aus der Haftung entlassen. Jede Entschädigungsforderung – beispielsweise eines Grund- oder Immobilieneigentümers, der im Gefährdungsbereich der Trasse jetzt erhebliche Werteinbußen hinnehmen muss, aber auch der bei einer möglichen Havarie der Leitung zu Schaden kommenden Menschen, selbst wenn sie dadurch Familie und Gesundheit verloren hätten - stieße auf Granit.

Bayers Planungen mit CO-Giftgasleitungen sind - rein betriebswirtschaftlich gesehen – also eiskalt rational durchkalkuliert, man kann nur gewinnen.

Auf den „Kick“, wie er einer normalen Investition innewohnt, die ja einer bestimmten Erwartung an die Zukunft entspringt, einer Erwartung, die eintreten kann, sprich Gewinne bringt, die aber auch fürchterlich in die Hose gehen kann, gleich Verluste beschert, scheint Bayer/ BMS aber dann doch nicht verzichten zu wollen. Das ging in diesem Fall wohl am einfachsten indem Bayer das Risiko für die Bevölkerung weiter hoch fuhr – später sogar unter Missachtung der bereits planfestgestellten Mindestanforderungen. Schon ein paar Stichwörter machen klar was gemeint ist: Geogrid, Rohrwandstärken, Hausgutachter und allem voran die menschenverachtende Trassenführung…

OK. Bayer hat den „Kick“ gesucht und gefunden. Zwar sicher anders als gedacht, aber zumindest das unternehmerische Risiko, die 50 Mio. EUR CO-Giftgasleitungsinvestition in den rheinischen Sand gesetzt zu haben, ist wieder zurückgekehrt*), dank mutiger Bürger, die sich gegen die staatlich verordnete Enteignung wehren, dank tatkräftiger Bürgerinitiativen, und dank einer funktionierenden Justiz in NRW.

Jetzt stehen hier hunderttausend BürgerInnen im Weg, um Bayer zu sagen: you cannot get blood out of a stone.

Also Bayer, laßt euch besser von Linde einen Steamreformer in Uerdingen aufstellen, die machen das sicher (in des Wortes doppelter Bedeutung). Und öffentliche Fördertöpfe stehen ja jetzt wahrlich genug herum...

*) mit dem Schmerz wächst übrigens auch die Investitionssumme, aktuell werden auch schon mal 90 Mio. EUR kolportiert, gerne auch von der IGBCE…