Die
Politik muss Wirtschaftsmacht, die in Form von Kartellen oder moderner, in Form
wettbewerbsfreier Cluster daherkommt, zu Gunsten des Wettbewerbs zerschlagen
und nicht etwa hofieren, subventionieren oder denen gar den Betrieb von
Giftgasleitungen in Wohngebieten erlauben: "zum Wohl der
Allgemeinheit" wie in NRW geschehen. Tatsächlich ist das die Essens einer
bitteren Erkenntnis, die Ökonomen der Freiburger Schule, wie etwa Walter
Eucken, aus der Weltwirtschaftskrise in Deutschland nach dem ersten Weltkrieg
und der daraus folgenden nationalsozialistischen Kriegswirtschaft zogen und der
Wirtschaftspolitik nach 1945 dringend mit auf den Weg gaben.
Doch
genau das ist NRW: Energieriesen, Bergbau und Stahl beherrschen immer
noch Märkte und Politik ebenso wie der sog. Chemie-Cluster
in NRW. Im letzteren tummeln sich zwar diverse Unternehmen aber letztlich macht
das ordnungspolitisch keinen Unterschied zum klassischen Kartell. Denn es
glaubt ja wohl niemand, dass sich z.B. Bayer einen Konkurrenten in einen seiner
Chemieparks pflanzt, um anschließend fröhlich mit ihm zu konkurrieren.
Tatsächlich ist der Chemie-Cluster ein Kartellsubstitut, einzig betrieben, um
offensichtliche Monopol zu kaschieren, indem man Wertschöpfungsketten
zerlegt, deren einzelne Glieder dann zwar weiter am gleichen Ort, jetzt aber unter anderer
"Flagge, erstellt werden. Das System funktioniert natürlich global, so
dass es für die beteiligten Akteure absolut risikolos und renditeneutral abläuft. Im Gegenteil, man profitiert z.B. allein dadurch, dass
vormals einheitliche Tarifverträge jetzt "flexibilisiert" werden
können. Doch vor allem ist erst einmal das sichtbare Kartell weg.
Die Politik hilft gerne. Dafür sorgt schon die Gewerkschaft IGBCE.
Das
nur der mitmachen darf, der auch drin ist im schönen Chemiepark, und dass der
Eingang einzig von Bayer&Co. kontrolliert wird, geht also für die Politiker
dieses Landes in Ordnung. Dass der Chemie-Cluster NRW nur eine andere Spielart
des Kartells und damit eine sozial-marktwirtschaftlich nicht akzeptable
Marktmacht darstellt, wird parteiübergreifend geleugnet. Stattdessen bemühen
sich SPD, CDU und FDP geflissentlich den Wünschen des Chemie-Clusters nachzukommen.
Womit wir wieder bei der Kohlenmonoxid-Pipeline der Bayer-Tochter BMS währen.
Denn
was würde in einer echten Marktsituation geschehen, wenn etwa BMS am Standort
Bayer-Uerdingen für den Ausbau seiner dortigen Polycarbonate-Produktion mehr
Kohlenmonoxid benötigte? Gase sind beispielsweise das Geschäft großer
Marktplayer wie z.B. Linde oder AirLiquid. Am Standort Dormagen betreiben oder
bauen beide Steamreformer, die aus Erdgas Wasserstoff und Kohlenmonoxid machen.
Sollten sie das nicht auch am Standort Krefeld-Uedingen können? Erdas kann über
bestehende Pipelines leicht herangeführt werden. Beide Standorte sind
idealerweise auch über eine gemeinsame Wasserstoffpipeline verbunden, sollte
man Wasserstoff in Krefeld nicht benötigen... obwohl, jetzt fängt Marktwirtschaft
eigentlich erst an: Überschüssiger Wasserstoff in Krefeld wäre sicher auch sehr
günstiger Wasserstoff, etwa für Wasserstoffmotoren...
Aber
genau das möchte weder Bayer, Linde, AirLiquid noch sonst wer im
Chemie-Cluster: konkurrierende Preise, Wettbewerb! Also wird weder Linde noch
AriLiquid oder gar beide in Krefeld-Uerdingen Wasserstoff produzieren solange
Bayer das nicht ausdrücklich bestellt.
Deutschland ging daran schon mal kaputt (s. Eucken). Der Standort NRW kann es sich offenbar immer noch leisten.