Sonntag, 30. September 2007

Irgendetwas ist faul im Staat

Eine Giftgas-Pipeline mal längs durchs Rheinland genehmigt, ein Kohlekraftwerk in Krefeld in Planung, das jährlich 4,4 Mio. Tonnen des Klimakillers CO2 emittieren soll, Kohleabbau am linken Niederrhein, der eine alte Kulturregion um mehrere Meter absenkt und so bei Rheinhochwasser vom Untergang bedroht ist (mit ggf. hunderten Toten, da die Rheindeiche hier größtenteils nur aus Abraum bestehen), geplante Sondermüllverbrennungsanlage der Solvay GmbH an ihrem Standort in Rheinberg, in unmittelbarer Nachbarschaft der überdimensionierten kommunalen Müllverbrennungsanlage Kamp-Lintfort… um mal nur die Projekte zu nennen, an denen ich tagtäglich vorbeikomme. Gegen den entsprechend erklärten Willen von Politik und Verwaltung formieren sich allein in dieser Region tausende betroffene Anwohner in Bürgerinitiativen.

Soweit ich das sehe: fast immer ohne jede Aussicht auf Erfolg.

Ist das noch unser Staat? Ist das Demokratie? Vertreten die von uns gewählten Politiker noch unsere Interessen? Wer hat eigentlich das Sagen im Land wenn angeblich Bergrecht Bundesrecht bricht? Wenn man nur mit dem Wort „Arbeitsplatzsicherung“ unsere Landtagsabgeordneten dazu bringt, kurz mal ein Enteignungsgesetz zu verabschieden… Natürlich ohne Aussprache und parteiübergreifend, nur um einem sog. Global Player den Bau einer Giftgas-Pipeline zu erleichtern.

Was ist das für eine Demokratie in der sich mehr Bürger tagtäglich damit beschäftigen, sich gegen solche Wahnsinnsprojekte von Politik und Verwaltung zur Wehr zu setzten, statt vorab in echte demokratische Entscheidungsfindungsprozesse eingebunden zu werden?

Man hat den Eindruck, hier in NRW hat der Bürger überhaupt nichts zu vermelden! Wahlen erscheinen als ein notwendiges Übel, da es der mächtigen NRW Industrielobby offenbar egal sein kann, wer unter ihr regiert. Die total unübersichtliche Verwaltungsstruktur des Landes macht die Sache noch leichter. Selbst engagierteste Politiker würden wohl im Dschungel der Verordnungen und tief gestaffelten Fachkompetenzen der diversen Verwaltungsebenen heiß laufen.

Solche Strukturen schützen natürlich die „Täter“: wenn was schief geht, können die wirklich Verantwortlichen niemals identifiziert werden. Nur z.B. der Name des Schweißers, der die Schweißnaht an km 57,8 einer Giftgaspipeline zog, ist penibel erfasst. Man weiß ja nie, wozu man dessen Kopf noch brauchen kann.

Aber was wäre, wenn die verschiedensten Bürgerinitiativen mal zusammengingen? Dann könnte die Sache eventuell wieder spannend werden. Immerhin gibt es in NWR so tolle Sachen wie „Volksinitiative“, „Volksbegehren“ und „Volksentscheid“ (-> Landtag NRW). Oder sind die letztendlich auch nichts Wert?