Donnerstag, 28. Mai 2009

Stand der Dinge

Der Börsenkurs der Bayer Aktie reagierte auf das Urteil des Verwaltungsgerichtes Düsseldorf, das die vorzeitige Inbetriebnahme der CO-Giftgaspipeline untersagte, wie überraschend, nicht.

Das sagt schon mal einiges zur tatsächlichen Bedeutung des Projektes der Bayer Tochter BMS: die CO-Giftgaspipeline ist wirtschaftlich wirklich nicht von Belang. Zumindest aus Sicht der Eigentümer...

(Alternativ: die Shareholder haben genau dieses Urteil bereits antizipiert und damit schon lange vorher im Börsenkurs eingepreist - übrigens durchaus positiv, sieht man sich den Aufwärtstrend der vergangenen Wochen an.)

Nur die U-Boote der Bayer-Chemie in NRWs Politik, Ministerien und Verwaltung haben das noch nicht so ganz begriffen. Nicht verwunderlich, heißt ihr Treibstoff ja eben nicht Rendite. Entsprechend zickt man im Düsseldorfer Wirtschaftsministerium noch etwas rum.

Klüger wäre allerdings, wenn sich nun auch die Landesregierung intellektuell etwas in Richtung der Verwaltungsgerichte hinaufbewegte, denn das was die Richter in Düsseldorf und Münster den Protagonisten dieses industriepolitischen Skandalons namens "CO-Fernleitung" bisher bereits ins Stammbuch diktierten, sollte zu denken geben. Es reicht weiter als nur bis Leverkusen.

Klüger, weil es doch um die Zukunftsfähigkeit unseres Landes gehen müsste und nicht darum, ob ein Plastikmonopolist kurzfristig noch ein paar Cent mehr Rendite rausholen kann indem er 180.000 Bürgern kostenlos ein Leben in Angst und Schrecken in ihren dann zum Werksgelände entwerteten Grund- und Wohnungseigentümern zumuten darf.

Klüger, weil es doch darum gehen müsste, die Wirtschaft weiter zu entwickeln: eben weg von billigen und zyklischen Plastikkochern, hin zu Zukunftsindustrien, in denen die Absolventen unserer Schulen und Universitäten eine Perspektive hätten, statt sich wegen der fast schon prekären wirtschaftlichen Situation im Heimatland massenhaft vom NRW Acker zu machen. Nicht einmal Bayer wird BMS letztlich halten, zu zyklisch eben: weg damit.

Doch stattdessen werden wir ungeniert von einer Politikkaste malträtiert, die sich lieber von Lobbyinteressen vereinnahmen lässt statt - auftragsgemäß! - dem Wohle der BürgerInnen zu dienen.

Das Urteil des Verwaltungsgerichtes Düsseldorf bietet jetzt jedem interessierten Bürger, beispielhaft am Fall der CO-Giftgasleitung, einen Blick hinter die Kulissen einer Landesregierung, die dem Land schadet. Eine Regierung, die nichts als ihre Nichtqualifikationen gegen die eigenen Wähler zum Einsatz bringt. Oder glaubt hier jemand noch ernsthaft diese Pipeline-Geschichte sei ein Einzelfall?

Das ist alleine schon statistisch gesehen sehr unwahrscheinlich:

da schauen ein paar Bürger mal etwas kritischer hin, ein Verwaltungsgericht beschäftigt sich mit der Sache, und schon befindet man sich mitten in einem Sumpf von Inkompetenz, Unvermögen, Dreistigkeit und Klüngel. Das ist krank!

Nur Dank aufmerksamer, mutiger Bürgerinnen und Bürger und vor allem unabhängiger und kluger Richter sind wir im Fall der CO-Giftgaspipeline – jedenfalls bis hierher - noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen (das blaue Auge ist den Gaspipelines zu verdanken, die bei gleicher Gelegenheit ebenfalls nicht durch Wohngebiete hätten gelegt werden dürfen, aber mit ein paar Toten kann man ja leben - wie kommentieren die von Bayer angestellten CO-Freunde immer gerne: "Auch wer über die Straße geht, kann dabei ums Leben kommen ;-)" oder noch einer von unsere Wirtschaftsministerin Frau Thoben: "Wir nehmen die Sorgen der Menschen ernst... das muss reichen").

Hier hilft dann auch kein "NRW Zukunftsbericht 2025", wie von MP Rüttgers initiiert und - na klar: wie immer - vom Steuerzahler gerne gesponsert. Papier ist geduldig, während die frisch ausgebildeten, diplomierten, promovierten, habilitierten, teuer vom Steuerzahler gepäppelten Landeskindergehirne, randvoll gepackt mit den tollsten Ideen und bestens gerüstet für die globalen Herausforderungen, das Land reihenweise verlassen, um ihr Glück in der Ferne zu machen... bloß nicht hier in NRW.

Denn wer will schon sein privates Glück in diesem einzigartigen Werksgelände à la "Rüttgers NRW" planen und leben? Hier, wo junge Familien eher fluchtartig wieder ihr gerade neu gebautes Haus verlassen, statt – „politisch korrekt“ und bitte klaglos dankbar - ein Leben in der Todeszone einer CO-Giftgaspipeline zu riskieren...